Eine Mutter erzählte mir neulich, ihr Sohn mache einfach nichts für die Schule. Sein Ziel am Nachmittag sei es, so schnell wie möglich nach draußen zu verschwinden. Dort spielt und baut er hoch konzentriert mit seinem Freund im Wald. Hausaufgaben macht er deswegen in Windeseile, aber nur die, von denen er glaubt, dass sie wichtig sind. Wenn Schulaufgaben anstehen, erzählt er das erst in letzter Minute, damit er nicht so viel lernen muss. Trotzdem sind seine Noten für diesen Aufwand, gar nicht so schlecht.
Warum nur ist er zu faul zum Lernen? In meiner Coaching-Praxis erlebe ich es immer wieder, dass manche Kinder einfach keine Lust haben, für die Schule Aufwand zu betreiben. Kein Bock zum Lernen, wozu das alles? „Bringt ja doch nichts!“, so lauten dann die Kommentare. Was tun mit diesen Kindern, bei denen alle schönen Methoden und tollen Ideen am Ende fein säuberlich gestapelt in der Schublade vergammeln? Die allermeisten Eltern fühlen sich hier völlig hilflos, weil sie genau das ihren Kindern nicht vermitteln wollten.
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Warum sind Kinder so unmotiviert zu lernen?
Kinder sind nicht faul oder wollen ihre Eltern ärgern. Auch wenn es den Erwachsenen meist genau so vorkommt, ist dies definitiv in den allermeisten Fällen nicht der Grund. Ganz im Gegenteil: Sie tun es nicht gegen die Eltern, sie tun es für sich. Diesen Satz sollten sich die Erwachsenen immer wieder klarmachen, denn dieser Gedanke ermöglicht ihnen eine völlig andere Bewertung der Situation. Sie fühlen sich nicht mehr persönlich angegriffen oder verletzt, sondern können schauen, wie sie die Bedürfnisse der Kinder besser verstehen. Schließlich kennen wir das alle, dass wir uns um Dinge drücken, die erledigt werden müssen. Steuererklärung, Fenster putzen, mehr Sport machen.
Erwachsene nehmen sich ebenfalls viele Dinge vor, die sie dann doch nicht in Angriff nehmen. Faulheit ist der Ausdruck eines an sich sehr cleveren und nachvollziehbaren Musters, mit dem kleinstmöglichen Aufwand und möglichst wenig Energie unser Ziel zu erreichen. Eigentlich also sehr clever und überhaupt nicht dumm.
Was kann man tun gegen Faulheit beim Lernen?
Lernen für Faule, nennt es Iris Komarek in ihrem Buch, und das ist genau das, was hier als Minimallernen helfen kann. Man unterscheidet die Lerntypen dabei nicht nur anhand des Informationskanals und versorgt sie mit geeigneten Strategien, auch das Lernverhalten sollte für eine optimale Lernempfehlung beachtet werden. Diese Jugendlichen lernen einfach nicht die sechs Wiederholungen, die es nicht nur beim Vokabel lernen für ein optimales Lernergebnis braucht. Sie bereiten sich nie rechtzeitig für Prüfungen vor und Hausaufgaben machen sie auch nur sporadisch. Trotzdem können sie erfolgreich sein – sogar in der Schule.
Wenn wir uns die Menschen, die so ticken und erfolgreich durch die Schule gekommen sind ansehen – wobei Erfolg auch anders definiert sein kann als bei lernwilligen Jugendlichen –erkennen wir gewisse Merkmale: Sie sind hocheffektive Lerner und für die kurze Lernzeit holen sie das absolute Maximum heraus. Wenn sie lernen, sind sie hoch konzentriert. Sie entdecken sehr schnell Muster und Strukturen im Lernstoff, sodass sie weniger Fakten lernen müssen. Lernen ist für sie Mittel zum Zweck, Spaß werden sie daran nicht haben. Sehr oft beeinflusst sie ein negativer Glaubenssatz: Weil ihre Umgebung sie ständig ermahnt und ihnen Vorhaltungen macht, haben sie die Vorstellung, sie müssten fleißiger sein. Dagegen rebellieren sie unterbewusst.
Und natürlich sind sie keine Perfektionisten, sie wollen mit einem Minimum an Zeitaufwand das Maximum an Ergebnis erzielen (das nennt man das Pareto-Prinzip). Sehr ökonomisch also.
Wie tickt dieser erfolgreiche Minimal-Lerner? Er hat im Normalfall keinen besonderen Lernplatz, überall Inseln, die gerade im Moment passen. Sein Umfeld akzeptiert ihn und hilft ihm, seine Minimalisten-Strategien umzusetzen. Er lernt in kleinen Häppchen, deutlich weniger in der Summe als alle anderen. Er liest schnell, erstellt Kurzzusammenfassungen, kann sich super konzentrieren, egal wo und wann. Er arbeitet sehr schnell, hat eine gute Lernstruktur: Er kann super priorisieren, minimieren, sortieren, ordnen. Er beherrscht clevere Lernstrategien.
Davon braucht er aber nur wenige. Er ist mit sich im Reinen. Er kann selbst entscheiden, wann er was lernt und ein durchschnittliches Lernergebnis ist für ihn in Ordnung. Wichtig ist ihm Anerkennung seiner Gruppe und dass er mit diesen cleveren Strategien durchkommt. Disziplin und Fleiß sind ihm naturgemäß nicht wichtig.
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Wie bekommt man dennoch Motivation zum Lernen?
Was braucht dann der Minimal-Lerner im Lerncoaching? Zunächst muss er sich als Mini-Lerner akzeptieren lernen und nicht mit negativen Gedanken auch noch diese Minimal-Energie aufzehren. Grundstock für ihn sind clevere Lernmethoden, die unaufwändig funktionieren. Er muss eine super Konzentrationsfähigkeit trainieren, braucht ein paar Motivationstricks und schlaue Prüfungsstrategien. Zu jedem dieser Bereiche gibt es Methoden und Techniken. Wie bei allen neuen Strategien braucht es ein wenig Zeit und Übung, die richtigen zu finden und sie dann auch in den Alltag zu integrieren, es lohnt sich aber, sich damit zu beschäftigen, denn der Zeitaufwand rechnet sich auf alle Fälle. Viele dieser Strategien findest du in meinem Buch „Raus aus dem Schulchaos„.
Der Schlüssel ist es also, nach Wegen suchen, die es den Kindern möglichst leicht machen, in die Gänge zu kommen und eine schnelle Belohnung abwerfen. Auf diese Weise tricksen wir ihre Trägheit aus, schlagen sie quasi mit ihren eigenen Waffen beziehungsweise spielen nach ihren Regeln, und etablieren Gewohnheiten und Routinen, die uns nützen und weiterbringen. Weitere nützliche Tipps findest du in meinem Buch „Raus aus dem Schulchaos„, meinem Podcast „Schulerfolg. Einfach. Gemacht.“ und in meiner Facebook-Gruppe.
Eine Antwort
Wenig ist mehr auch gutes Thema ☺️